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Hilfe, mein Kind wünscht sich ein Handy!

Keine Panik. Medienprofi Joachim Zahn vom Verein zischtig.ch sagt, wie alles gut kommt.

 

Joachim Zahn, ab welchem Alter macht ein Handy Sinn?
Ab der Mittelstufe, also wenn das Kind zehn, elf Jahre alt ist. Dann besitzt es das nötige Wissen über Technik und das nötige Vorstellungsvermögen darüber, welche Folgen sein Handeln in der digitalen Welt haben kann.

 

Wofür ist technisches Wissen wichtig?
Nehmen wir als Beispiel das soziale Netzwerk TikTok, auf dem Videos gepostet werden: Ein Unterstufen-Kind stellt unbedarft einen Film über sich ins Netz. Dieses Video kann sich die ganze Welt anschauen; wer weiss, wo der Film schliesslich landet. Ein User muss dieses Risiko kennen und technisch so versiert sein, dass er unter «Einstellungen» das Publikum eingrenzen kann. Diese Reife fehlt einem Unterstufen-Kind.

 

Manche Eltern kaufen ein Handy für ihr Kind, um dieses zu schützen.
Ein Handy kann ein Kind tatsächlich schützen. Es birgt aber auch Risiken – und die überwiegen den Schutz. Wir von zischtig.ch erschrecken immer wieder, was Kinder im Netz von sich preisgeben. Die Hemmschwelle ist besonders tief, wenn die Kinder ein eigenes Handy mit uneingeschränktem und wenig begleitetem Zugang zum Internet haben.

 

Was können Eltern tun?
Wenn Eltern ihrem Kind ein Handy geben, dann sollten sie gleichzeitig gewisse Spielregeln kommunizieren: «Dieses neue Gadget ist ein Lern-Handy. Mit diesem kannst du nicht tun und lassen, was du willst. Wir wollen vorerst noch wissen, wie du dein Handy nutzt.»

 

Wie soll das konkret gehen?
Eltern sollten sich regelmässig mit ihrem Kind zusammensetzen und über die Handynutzung reden. Sie könnten das Gespräch zum Beispiel so beginnen: «Komm, heute schauen wir mal, welche Apps du hast», «Erklär mir bitte mal dieses Game» oder «Lass uns gemeinsam ein paar aktuelle Chats lesen».

 

Ob das gut ankommt beim Kind?
Das ist unterschiedlich. Regeln kommen nicht immer gut an, und trotzdem braucht es sie. Was wichtig ist: Eltern sollen als interessierte Coaches handeln, nicht als Detektive, die etwas Böses suchen. Gefragt sind Anerkennung und Respekt, zum Beispiel, wenn das Kind etwas nicht zeigen oder bereden möchte. Kommentare wie «Ah, du schreibst viel mit Luca. Bist du etwa in ihn verknallt?» sind natürlich tabu.

Okay hingegen sind Fragen wie «In diesem Chat ist die Sprache eklig; wie geht es dir dabei?»

Der Verein zischtig.ch

Joachim Zahn ist Projektleiter des Vereins zischtig.ch. Dieser macht sich stark für bestmögliche Medienbildung und Prävention für Kinder und Jugendliche. Joachim Zahn und die weiteren zischtig.ch-Fachleute gehen in Schulklassen, geben Workshops und Referate und beraten Private.

  • 48 % der Primarschulkinder haben ein eigenes Handy.
  • 35 % der Kinder mit eigenem Handy nutzen dieses mindestens einmal pro Woche, wenn sie eigentlich schlafen sollten.
  • 13 % der Mittelstufenkinder haben sich online schon einmal belästigt gefühlt.
  • 52 % der Eltern überprüfen nie, welche Internetseiten ihr Kind besucht hat.
  • Faustregeln: max. 5 Stunden Bildschirmzeit pro Woche für 6- bis 9-Jährige, max. 10 Stunden für 10- bis 12-Jährige.

 

Quellen: zischtig.ch; MIKE-Studie 2017; Jugend und Medien

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Welche Aufgaben nebst dem gemeinsamen Reflektieren haben Eltern sonst noch als Handy-Coaches?
Klären Sie Ihr Kind darüber auf, dass im Internet nichts privat ist, sondern alles weitergegeben werden kann. Das Kind muss zudem wissen, dass das Netz kein rechtsfreier Raum ist und bei Missachten der Regeln Bussen drohen. Welche Regeln gelten, muss das Kind natürlich auch erfahren. Plus, und das wir oft verdrängt: Wenn Ihr Kind ein eigenes Handy bekommt, ist es Zeit, mit ihm über Sexualität zu reden.

 

Warum?
Es ist unschön, lässt sich aber nicht vermeiden: Sobald Ihr Kind ein eigenes Handy hat, wird es bedient mit Pornografie. Das bedarf einer Vorbereitung, sprich: einer Aufklärung durch die Eltern. Sind Sie dazu nicht bereit, kaufen Sie Ihrem Sprössling besser noch kein Handy.

 

Und was, wenn mir all die Gefahren zu gross sind und ich meinem Kind frühestens mit 16 Jahren ein Handy erlaube?
Dann sind Sie ein Fiesling. Spätestens ab der Oberstufe ist das eigene Handy ein Muss. Unter Teenagern läuft heute so viel übers Handy ab. Wenn Ihr Kind kein eigenes Gerät hat, bleibt es immer aussen vor. Es weiss nicht, was abgeht, und was seine Kollegen beschäftigt. Das wollen Sie doch nicht, oder?

Deine Tochter oder dein Junior ist schwer vom Bildschirm wegzukriegen?

Nicht, wenn du einen ganz besonderen Ausflug vorschlägst. Auf Simpla findest du zahlreiche Abenteuer-Ideen, alle zum Sonderpreis und mit Adrenalinschub-Garantie.

Über die Autorin

Eva Wirth (38) lebt mit ihrem Partner und den drei Kindern (null, drei und sechs Jahre) in einem Dorf nahe Zürich. Im Alltag der fünf kommen eher Lieder von Mani Matter zum Zug als Tipps aus Erziehungsratgebern. Eva Wirth arbeitet als Redaktorin, macht derzeit aber Babypause.

Eva Wirth