Freundschaften zu Kinderlosen sind für Eltern besonders wichtig. Ein Bekenntnis.
Meine lieben kinderlosen Freunde
Mit der Geburt des ersten Kindes ändert sich für die Eltern vieles. Nicht alles, wie manche behaupten. Aber doch einiges, und dazu gehört definitiv der Freundeskreis. Ehe man es sich versieht, stehen am eigenen Geburtstagsapéro nur noch Eltern in der Stube. Nicht, dass alle Freunde von einst inzwischen Kinder bekommen hätten. Die kinderlosen Freunde sind jetzt einfach keine Freunde mehr. Das kann’s geben. Ist aber schlecht.
Denn, so meine Meinung, Menschen mit Kindern brauchen dringend Freunde ohne Kinder. Diese Tatsache geht leider in der zuweilen herrschenden Angespanntheit zwischen den beiden Fronten vergessen. Aber ja, liebe Kinderlose, Eltern brauchen euch. Ich brauche euch, liebe Denise, lieber Dave, liebe Martina. Und zwar, grob zusammengefasst, deshalb: Erstens, weil ihr per se grandiose Menschen seid. Und zweitens, weil ihr mir helft, hie und da aus jener Welt aufzutauchen, in der Lüchzgi, Spielpi, Nuschi und andere I-Wörter den Ton angeben.
Denn mein Leben dreht sich seit der Geburt unserer Ältesten in erster Linie um Kinder. Das ist logisch und auch schön. Aber manchmal – ziemlich oft sogar – ist es einfach auch nett, das Thema Kinder nur am Rand zu besprechen und stattdessen anderem Raum zu geben. Zum Beispiel dieser gruseligen Netflix-Serie (könnt ihr da noch schlafen?), Oprah Winfreys Hut an Meghans und Harrys Hochzeit (ihr habt sie wirklich in voller Länge am TV mitverfolgt?) und dem Selbermachen von Lasagneblättern (wie kommt ihr nur auf so eine Idee?).
Ihr erzählt von Vollmondpartys auf Dachterrassen, Sonntagen im Bett, Mogelpackungen auf Tinder, Filmfestivals in Colorado, Yogaretreats in Ubud. Ich liebe das. Denn eure Erzählungen erinnern mich daran, was auch in meinem Leben im Zentrum stand, bevor ich Mutter wurde. Vieles misse ich nicht, manchem aber würde ich gerne wieder Platz geben, weiss nur nicht recht wie. Umso schöner, dass ihr mich an euren Leben teilhaben lässt, als eine Art Trittbrettfahrerin. Wenn ihr von durchtanzten Nächten erzählt, wippe auch ich mit. Wenn ihr vom Lagerfeuer eurer Safari Lodge berichtet, höre auch ich in der Ferne die Löwen brüllen.
Ihr bringt mich auf andere Gedanken, inspiriert mich für neue Ideen, ermutigt mich zum Perspektivenwechsel. Ihr bereichert, erfrischt und belebt, und ich danke euch dafür. Mir bleibt zu hoffen, dass auch ihr von der Freundschaft mit mir profitiert. Aber lasst uns das ein andermal besprechen.
Über die Autorin
Eva Wirth (38) lebt mit ihrem Partner und den drei Kindern (null, drei und sechs Jahre) in einem Dorf nahe Zürich. Im Alltag der fünf kommen eher Lieder von Mani Matter zum Zug als Tipps aus Erziehungsratgebern. Eva Wirth arbeitet als Redaktorin, macht derzeit aber Babypause.