Seit Corona arbeiteten plötzlich viele von zu Hause aus – und kommen teilweise ziemlich ins Schleudern. Selbst vermeintliche Homeoffice-Profis.
Die ersten zwei Monate nach der Geburt unserer ältesten Tochter beschäftigte mich vor allem eine Frage: Wie schaffe ich das alles nur? Im dritten Monat dann, als ich langsam wieder normal atmen konnte und realisierte, dass mein Mädchen ein höchst zufriedenes Wesen ist, kam die nächste Frage: Womit kann ich mich selbstständig machen? Mir schwebte irgendetwas online vor, das sich neben meinem regulären Job managen liess, während das Baby döst oder auf meinem Schoss an einer Brotrinde nuckelte. Homeoffice eben. Es fehlte nur noch eins: die zündende Geschäftsidee.
Erfahrungen mit Homeoffice sammelte ich trotzdem. Ich selbst pendle für mein Teilzeitpensum zwar gerne ins Büro in die Stadt und geniesse den Tapetenwechsel. Aber mein Partner arbeitet oft im Homeoffice. Wenn er daheim seinen Laptop aufklappt, erwartet uns meist ein schöner Tag.
Für ihn, weil er mehr Familie bei gleich hoher Produktivität wie im Büro hat. Für mich, weil ich als Day Manager Child Care um einen Stv. weiss. Der verschanzt sich zwar hinterm Bildschirm, kann aber einspringen, wenn’s brennt, ein Zahnarzttermin ansteht oder ich mal über Mittag eine Runde joggen möchte. Kurz: Homeoffice ermöglicht uns Flexibilität und Teamarbeit in einem kombinierten Familien-Berufs-Alltag. Und im besten Fall befruchten sich Berufs- und Familienalltag sogar auf wundersame Weise: Wer zwei Stunden konzentriert am Computer arbeitet, empfindet es möglicherweise als willkommene Abwechslung, mit den Kindern Eile-mit-Weile zu spielen oder Wäsche aufzuhängen.
Um das Beste aus Homeoffice herauszuholen, befolgen wir ein paar Ratschläge:
- Trennt euch! Ein Zimmer unseres Daheims haben wir für ein abschliessbares Büro hergegeben. Ein Luxus, der sich lohnt.
- Strukturiert den Tag! Am Morgen besprechen wir, wann wir gemeinsam Zeit verbringen, zum Beispiel beim Znüni.
- Verkündet die Ressorts! Wir sagen den Kindern, wer von uns Eltern heute wofür zuständig ist. Zutritt ins Büro: nur im Notfall.
- Schafft Ruhe! Wir tauschen uns nach Möglichkeit darüber aus, wann wichtige Telefonate anstehen. So können wir vermeiden, dass der Streit ums Schleich-Pferd ausgerechnet vor der Bürotür eskaliert.
- Vermeidet Ablenkung! «Tierarzttermin verschoben?» Wir kommunizieren elektronisch, auch an Homeoffice-Tagen. Das tönt meschugge, schon klar, bewährt sich aber.
- Räumt auf! Ist unser Büro nicht besetzt, verwandelt es sich blitzschnell in ein Pferdegestüt oder einen Campingplatz. Das heisst: Ordnung schaffen vor jedem Tag im Homeoffice.
- Zelebriert! Ein Homeoffice-Tag ohne Siesta im Liegestuhl ist ein verschenkter Homeoffice-Tag.
PS. Meine Suche nach einer Businessidee habe ich auf Eis gelegt. Denn sieben Jahre, zwei weitere Kinder und eine Corona-Krise später ist mir klar – und jetzt folgt der 8., alles entscheidende, Ratschlag: Homeoffice geht nur, wenn die Kinder betreut sind.
Über die Autorin
Eva Wirth (38) lebt mit ihrem Partner und den drei Kindern (null, drei und sechs Jahre) in einem Dorf nahe Zürich. Im Alltag der fünf kommen eher Lieder von Mani Matter zum Zug als Tipps aus Erziehungsratgebern. Eva Wirth arbeitet als Redaktorin, macht derzeit aber Babypause.